vom 06.06.2009
Fantasiewelt hinterm roten Vorhang
Mit einem Puppentheaterhaus für seinen Sohn hat es angefangen. Heute hat Künstler Manfred von Linprun rund 150 Theaterpuppen zu Hause. Die hoffen jetzt auf „Wiederbelebung“ - wenn sich ein geeigneter Platz für das Theater findet.
Zwei leere Stühle stehen erwartungsvoll im Keller des Wohnhauses von Manfred von Linprun in Schöllnach (Landkreis Deggendorf). Davor verheißt eine schwarz verkleidete Guckkastenbühne mit roten Vorhängen Großartiges. Bunt und fantasievoll sticht da plötzlich noch etwas anderes ins Auge: An der Wand steht ein kleines Haus aus buntbemaltem Pappmaché, mit Türmchen, Erkern und vielen Fenstern, aus denen Gestalten winken.
„Damit hat vor 27 Jahren alles angefangen“, sagt Manfred von Linprun. Es war ein Geschenk zum dritten Geburtstag seines Sohnes. „Ich hab’ ein Stück aus einem Bilderbuch nachgebaut“, erklärt der Künstler: „In der Nacht“ hieß das Buch, das sein Sohn sehr geliebt hatte. Heimlich bastelte der heute 65-Jährige die Geschichte nach. Mehr als zehn Figuren, Menschen und Tiere, fertigte er aus Styropor und Pappmaché und bemalte die Gesichter. An seinem dritten Geburtstag bekam sein Sohn dann eine Theatervorstellung ganz für sich alleine.
20 Jahre lang lagen
die Figuren im Keller
Langsam öffnet sich der rote Vorhang an der Bühne und lässt erahnen, dass die Kinderbuch-Umsetzung nicht alles gewesen sein konnte. Tatsächlich: „Es sind ungefähr 150 Figuren, die ich damals gefertigt habe“, sagt Manfred von Linprun. 20 Jahre lang lagen die Figuren seitdem verpackt im Keller seines Wohnhauses. „Erst jetzt haben wir sie wieder ausgepackt und die sind alle noch wie neu“, freut sich der Künstler und nimmt vorsichtig einen lustig aussehenden Teufel von der Wand. „Der ist aus ‚Nocturno‘, einem Stück, in dem wir unsere Träume umgesetzt haben.“
„Wir“, das war die wechselnde Besetzung des „figurentheaters langenhardt“, wie von Linprun seine Kleinkunstbühne nannte. Von Anfang an mit dabei waren neben von Linprun seine Lebensgefährtin Margit Vöhringer, auch sein Kollege Georg Apfel, wie damals von Linprun Lehrer am Benediktiner-Gymnasium in Niederalteich. Und immer wieder auch damalige Niederalteicher Schüler, die mit Begeisterung hinter den Kulissen die Fäden zogen. Allerdings nicht nur: Neben Marionetten wurde auch mit Hand- und Stabpuppen gespielt.
Die Theaterspieler brachten es schließlich zu solcher Perfektion, dass sie im Münchner Stadtmuseum, im Stadtmuseum in Deggendorf, im Passauer Zeughaus und in Regensburg auftraten. „Manchmal vor vollem Saal, aber es gab auch Auftritte, da haben wir vor drei Leuten gespielt“, erinnert sich der Künstler. Die Texte entlehnten die „Theaterleute“ aus Opern, Ballettaufführungen oder Theaterstücken. Frei nach Mozarts Oper „Entführung aus dem Serail“ etwa entstand das Stück „Verführung aus dem Serail“. Auf eine Kulisse daraus gibt nun endlich der rote Vorhang am Guckkastentheater den Blick frei.
Aufwendig sind die Bühnenbilder gestaltet, alles selbst gemacht, darauf legt von Linprun Wert. Wie in seinem künstlerischen Schaffen spielt er auch bei den Bühnenbildern mit geometrischen Farben und achtet auf das kleinste Detail. Seine Figuren hat er aus verschiedenen Materialien gefertigt: Klassisch mit Styroporkörper und Pappmaché, aber auch aus bunter Folie und Draht. Die Kleider hat Margit Vöhringer genäht. Auch sie ist Künstlerin, befasst sich mit Mustern aus und mit Stoffen. Ob bunte Kleider aus grober Baumwolle für das Kindertheater oder die feinen, glänzenden Stoffe für „Verführung aus dem Serail“, mit Nadel und Faden hat sie allen zur Form verholfen. Was wäre ein Theater ohne Texte, ohne Musik? Auch für die sorgten Manfred von Linprun, Margit Vöhringer, Georg Apfel und ihre Mitspieler. Vom Band stammte die Musik, doch bei der „Verführung aus dem Serail“ gab es auch einen Orchestergraben, in dem die Zuschauer den Dirigenten und die im Takt geführten Bögen der Geigenspieler ausmachen konnten.
Von „Der kleine Prinz“ bis „Nocturno“
Neben der „Verführung“ hatten die Künstler auch „Nocturno“, das Petruschka-Ballett und „Der kleine Prinz“ im Repertoire. Doch mit den Aufführungen ist es lange vorbei. Vor 20 Jahren fiel der letzte Vorhang für das „figurentheater langenhardt“. „Damals mussten wir die Figuren einmotten, keiner von uns hatte mehr die Zeit für Auftritte“, bedauert der Künstler. Für den Tag des offenen Ateliers musste er im Keller Platz machen und bei der Gelegenheit richtete er auch die Bühne wieder her. Auf Dauer will er sie da aber nicht stehen lassen. „Ich brauche den Platz für meine Kunst“, sagt er. Sein Traum: „Ich würde gerne wieder mit dem Theater auftreten.“
Bei ihm zu Hause sei das allerdings unmöglich, der Keller zu klein, um Publikum aufzunehmen. „Es wäre schön, wenn sich jemand finden würde, der einen leeren Raum in einem Gasthaus, einem öffentlichen Gebäude oder einem ungenutzten Gewerbegebäude zur Verfügung stellen würde“, schwärmt der Künstler. Eine Mitspielerin hat er schon sicher an seiner Seite: Lebensgefährtin Margit Vöhringer stünde sofort wieder mit ihm hinter dem Vorhang. Dann sollten vor der Bühne nicht nur zwei Stühle stehen und auf die Zuschauer warten.
Wer gerne mit Manfred von Linprun und Margit Vöhringer das „figurentheater langenhardt“ zu neuem Leben erwecken möchte oder einen geeigneten Raum für die Aufführungen zur Verfügung stellen könnte, kann sich bei ihm unter Tel. 09903/8356 oder per E-Mail: von-linprun@t-online.de melden. |